Nachdem die belletristischen Genres Fantasy, Mystery und Science Fiction lange Zeit ein eher kümmerliches Schattendasein für Liebhaber geführt haben, ist diese Literatursparte spätesten seit Harry Potter wieder aufgeblüht und erfreut sich wachsender Beliebtheit. Die in Russland schon vor langer Zeit durch Isaac Asimov und die Brüder Strugatzki begründete Tradition der Science Fiction und Phantastik wird von jungen russischen Autoren aufgegriffen und erfolgreich fortgeführt. Der russische Kultautor hat mit seiner Wächterserie auch im Ausland große Erfolge feiern können.
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Sergej Lukianenko tummelt sich sowohl in der Science Fiction als auch im Bereich der Fantasy, dort ist auch seine Trilogie über die Wächter des Tages und der Nacht angesiedelt. In Moskau, in denen viele der einzelnen Episoden spielen, gibt es die magische Tag- und die Nachtwache. die jeweils die Seiten von Licht und Schatten, von Gut und Böse repräsentieren. Gemeinsam wachen sie abwechselnd darüber, dass das fragile Gleichgewicht zwischen ihnen aufrecht erhalten wird, obwohl jede Seite natürlich immer wieder versucht, das Ruder zu ihren Gunsten herum zu werfen.
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Die Wächter sind ein buntes Volk von Hexen, Magiern, Vampiren, Gestaltwandlern, Werwölfen und anderen Zwitterwesen, die sich jeweils dem Licht oder dem Dunkel verschrieben haben. Der Hauptprotagonist Anton ist zu Beginn der Trilogie ein recht einfacher Magier der ersten Stufen, der gerade seinen Dienst in der Nachtwache antritt. Im Lauf der drei Bände entwickelt er sich nicht nur zu einem sehr starken Magier, sondern er macht auch verschiedene innere Wandlungen durch.
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Der Reiz an Lukianenkos Wächtertrilogie ist sicherlich zum einen eine stimmig geschilderte Phantasiewelt, die allerdings im realen Moskau angesiedelt ist. So wird immer wieder der russische Alltag geschildert, der von den nicht ganz menschlichen Protagonisten nur etwas anders gestaltet wird. Aber sie essen und trinken genau so gerne wie die rein menschlichen Russen auch. Lukianenkos Liebe zu seinem Heimatland und seiner Kultur werden immer wieder sehr deutlich, ohne dass er seine Augen vor negativen Seiten verschließt. Das führt zu einer sehr lebendigen und lebensnahen Atmosphäre, die auch die Charaktere schillern lässt.
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Zum anderen verlässt Sergej Lukianenko sehr schnell die klar definierten Bereiche von Schwarz und Weiß und begibt sich zügig in die Welt der Mehrdeutigkeit und der Grautöne. So ist sein Protagonist Anton, zu Beginn noch von einem einfachen Verständnis der beiden feindlichen Seiten geprägt, sehr schnell von Zweifeln und Unsicherheit gepackt und muss erkennen, dass die Welt diese einfache Zweiteilung nicht bieten kann. Das führt dazu, dass der Leser sich mit Figuren beider Seiten identifizieren kann, weil beide Standpunkte jeweils eine gewisse Berechtigung haben.
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Fazit: eine gelungene Erzählung mit interessanten Charakteren, die auch den Nicht-Fantasyleser durchaus fesseln kann.